Menschenrechts-NGOs haben am Mittwoch (17. April) das Versäumnis der französischen Regierung angeprangert, die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu respektieren. Ein Jahr zuvor hatte der Europarat Frankreich deswegen gerügt.
In einer Mitteilung, die vor einem Jahr, am 17. April 2023, veröffentlicht wurde, kritisierte der Europarat Frankreich für die Verletzung der Rechte von Menschen mit Behinderungen.
Der Europäische Ausschuss für Soziale Rechte (ECSR), eine Organisation des Europarats, stellte fest, dass „die Freiheit und Würde von Menschen mit Behinderungen“ in Frankreich in vielen Bereichen behindert werden.
Der französische Präsident Emmanuel Macron reagierte einige Tage später auf der sechsten nationalen Konferenz für Menschen mit Behinderungen (CNH) mit mehreren Ankündigungen.
Zu den Prioritäten der Regierung gehörten Barrierefreiheit, Bildung, Beschäftigung und finanzielle Unterstützung. Auch die vollständige Erstattung von Rollstühlen stand auf der Tagesordnung.
„Unser Ziel ist es, einen Paradigmenwechsel vorzuschlagen, der den Erwartungen der Menschen mit Behinderungen gerecht wird“, erklärte die ehemalige stellvertretende Ministerin für Behinderte, Geneviève Darrieussecq, bei der Eröffnung der CNH.
Ein Jahr später hat sich die Situation jedoch nicht verbessert, so die Verbände für Menschen mit Behinderungen wie Unapei, APF France handicap, Union Nationale De Familles Et Amis De Personnes Malades Et/Ou Handicapées Psychiques (UNAFAM) und das Europäische Behindertenforum.
In einer gemeinsamen Pressemitteilung brachten diese Organisationen ihre Besorgnis zum Ausdruck: „Es muss festgestellt werden, dass die Rechte von Menschen mit Behinderungen und ihren Familien immer noch nicht geachtet werden.“
Eine „skandalöse“ abwartende Haltung
Die Verbände prangern eine „abwartende Haltung“ der öffentlichen Behörden an. Sie bezeichnen dies als „skandalös“ und fordern, dass die Versprechen der CNH von 2023 eingehalten werden.
Obwohl Emmanuel Macron versprochen hat, 1,5 Milliarden Euro für Barrierefreiheit, Gebäude, Verkehr und Verwaltungsverfahren bereitzustellen, sind diese oft immer noch nicht verfügbar.
„Die 1,5 Milliarden Euro für die Barrierefreiheit scheinen nicht nur aufgrund von Haushaltskürzungen unsicher, sondern auch unzureichend zu sein“, heißt es in der Pressemitteilung. Es wird darauf hingewiesen, dass neun von zehn Menschen mit Behinderungen auf ihren Reisen Schwierigkeiten mit der Barrierefreiheit haben.
Die Verbände weisen auch darauf hin, dass der Zugang zur Gesundheitsversorgung für Menschen mit Behinderungen und ihre Familien schwierig ist. Grund dafür seien vor allem der Mangel an Fachkräften, fehlende Betten in Krankenhäusern und lange Wartezeiten für Arzttermine.
Den Angaben der NGOs zufolge geben 83 Prozent der Menschen mit Behinderungen an, dass sie Probleme beim Zugang zu medizinischer Versorgung hatten. 46 Prozent hatten dabei große oder extreme Schwierigkeiten.
„In Frankreich häufen sich die Schwierigkeiten beim Zugang zur Gesundheitsversorgung und zu medizinischem und paramedizinischem Fachpersonal und Menschen mit Behinderungen sind ihnen übermäßig ausgesetzt. Dabei sollte das gesamte Gesundheitssystem zugänglich sein“, sagte Marie-Jeanne Richard, Leiterin der UNAFAM.
Ein Jahr nach der Kritik des Europarats und im Vorfeld der Europawahlen vom 6. bis 9. Juni bleiben die Defizite bestehen.
„Wie lange noch müssen Menschen mit Behinderungen und ihre Familien die Versäumnisse des Staates ausgleichen, die Verschlechterung der Lebensbedingungen hinnehmen und von der Gesellschaft ausgeschlossen werden?“, fragen die NGOs.