Ein Vorschlag der Europäischen Volkspartei (EVP), die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) um zwei statt um ein Jahr zu verschieben, könnte mit Unterstützung rechter Fraktionen angenommen werden. Die Abstimmung im EU-Parlament findet am Donnerstag (14. November) statt.
Die zweijährige Verzögerung ist Teil von 15 EVP-Änderungsanträgen, die von der EU-Abgeordneten (CDU/EVP) Christine Schneider unterzeichnet wurden. Sie zielen darauf ab, wichtige Aspekte der Verordnung zu ändern, darunter die Befreiung der Händler von Vorschriften und die Schaffung einer „No-Risk“-Kategorie für Staaten ohne Entwaldung.
In einer Pressekonferenz am Mittwoch (13. November) kritisierte Pascal Canfin (Renew), Koordinator der Liberalen für den Umweltausschuss (ENVI), die CDU, die Europäische Volkspartei (EVP) und die Kommissionspräsidentin, Ursula von der Leyen, dafür, dass sie ihre früheren Versprechen gebrochen hätten. Er behauptete, von der Leyen habe die Vorsitzende von Renew, Valérie Hayer, zuvor zugesagt, dass der Vorschlag zurückgezogen würde, wenn Änderungsanträge eingebracht würden.
„Es ist nicht tragbar, dass von der Leyen das eine sagt, während die EVP das Gegenteil tut“, sagte Canfin. „Eine Mehrheit der von EU-Entwaltungsverordnung (EUDR) erfassten Unternehmen fordert, gegen die Änderungsanträge zu stimmen.“
Innerhalb der Volkspartei stießen die Änderungsvorschläge laut Fraktionsquellen auf internen Widerstand von belgischen, irischen und einigen niederländischen EU-Abgeordneten.
„Die Gruppe wird nicht frei über ihre eigenen Änderungsanträge abstimmen können“, sagte ein anderer Sprecher der EVP. Die Fraktion habe die Änderungsanträge während einer Diskussion am Mittwoch trotz der Einwände einiger Mitglieder unterstützt.
Knappe Mehrheit
Um die Abstimmung zu sichern, werden die Konservativen eher die Unterstützung rechter Fraktionen benötigen, als sich auf die übliche pro-europäische Koalition mit Sozialdemokraten und Liberalen zu verlassen, die die Änderungen ablehnen.
Sollte diese Abstimmung erfolgreich sein, wäre dies die erste gesetzgeberische Maßnahme, die von der sogenannten „Venezuela-Koalition“ geprägt wäre, die sich aus der EVP, den Europäischen Konservativen & Reformern (EKR), den Patrioten für Europa (PfE) und der AfD-geführten Fraktion der Europäischen Souveränen Nationen (ESN) zusammensetzt.
Ein Sprecher der rechtskonservativen EKR bestätigte seine Unterstützung für die zweijährige Verschiebung, die für die Sicherung einer knappen Mehrheit entscheidend wäre. Er merkte jedoch auch an, dass seine Fraktion die einjährige Verschiebung der Kommission unterstützen würde, falls der Änderungsantrag der Volkspartei (EVP) nicht angenommen wird.
Die Patrioten (PfE), der EU-Abgeordnete von Marine Le Pen (Rassemblement National) und Viktor Orbán (Fidesz) angehören, signalisierte ihrerseits ebenfalls potenzielle Unterstützung für die EVP-Änderungsanträge. Eine Einstimmigkeit innerhalb der Gruppe ist jedoch nicht garantiert, da einige Mitglieder die einjährige Verzögerung bevorzugen, wie eine Quelle aus der Gruppe gegenüber Euractiv mitteilte.
Es besteht weiterhin die Sorge, dass sich die rechtspopulistischen Fraktionen PfE und ESN – die in letzter Zeit unzuverlässige Verbündete der EVP waren – bei der Schlussabstimmung am Donnerstag (14. November) gegen den gesamten Vorschlag aussprechen könnten. Dies könnte dazu führen, dass das Parlament keine einheitliche Position einnimmt, was möglicherweise zu einer Abstimmung über den Standpunkt des Rates im Dezember nach dem Motto „Alles oder nichts“ führen könnte.
Der Rat unter der Leitung des ungarischen Ratsvorsitzes hat die EU-Abgeordneten aufgefordert, die einjährige Verschiebung der Kommission ohne Änderungen zu akzeptieren, um „Vorhersehbarkeit und Rechtssicherheit“ zu gewährleisten.
Sollten wichtige Änderungsanträge der Europäischen Volkspartei angenommen werden, insbesondere die Ausnahmen für Händler und eine neue Kategorie mit geringem Risiko, könnte die Verschiebung der Entwaldungsverordnung gefährdet sein. Denn das Parlament hätte nur einen Monat Zeit, um mit dem Rat zu verhandeln, bevor die Verordnung am 30. Dezember 2024 in Kraft tritt.
Eine Koalition aus NGOs und großen Lebensmittelunternehmen, darunter Ferrero, Unilever und Tony’s Chocolonely, hat sich am Mittwoch gegen die Änderungsanträge der EVP ausgesprochen. Sie forderten die EU-Abgeordneten dazu auf, die einjährige Verschiebung der Kommission ohne weitere Änderungen zu akzeptieren.
„Die Annahme der Änderungsanträge würde auch die Aussicht auf ein neues Trilogverfahren riskieren, was zu Unsicherheit und dem Risiko führen würde, dass der Vorschlag der Kommission nicht bis Ende dieses Jahres angenommen wird“, warnten sie.