Die französische Regierung hat sich verpflichtet, der von Bauernverbänden kritisierten „Überregulierung“ der europäischen Pestizidnormen entgegenzuwirken. Ein Bericht der NGO Générations Futures zeigt jedoch, dass diese Kritik kaum mit der Realität übereinstimmt.
In dieser Woche rief die französische Landwirtschaftsgewerkschaft FNSEA zu Protesten gegen Umweltauflagen und den aus ihrer Sicht übermäßigen Verwaltungsaufwand durch europäische Vorschriften, insbesondere im Bereich der Pestizide, auf.
„Angesichts von Überbürokratie und Überumsetzung warten die Landwirte seit einem Jahr auf einen echten Vereinfachungsschub“, erklärte die FNSEA am Dienstag (26. November) auf X.
Premierminister Michel Barnier reagierte auf die Forderungen und versprach im Senat, „jede dieser übermäßigen Umsetzungen zu prüfen“ und diejenigen abzuschaffen, „die nicht gerechtfertigt sind und unfairen Wettbewerb schaffen“.
Für François Veillerette, Sprecher der NGO Générations Futures, ist das Versprechen nur ein Zugeständnis an die Bauerngewerkschaften, die sich mitten im Wahlkampf befinden.
Die „sogenannte Übertransposition“ sei ein „falsches Argument“, sagte er gegenüber Euractiv. Belege dafür fänden sich in einem Bericht der NGO vom 20. November, der widerlegt, dass Frankreich bei Pestiziden mehr tue als andere Länder.
Zweites Land in der EU bei Wirkstoffen
Laut dem Bericht von Générations Futures können EU-Mitgliedsstaaten nur Richtlinien überumsetzen, nicht aber Verordnungen wie die zentrale EU-Regelung für Pestizide (Verordnung 1107/2009).
„Entgegen der alarmierenden Aussagen einiger Bauernverbände bietet Frankreich seinen Landwirten einen der breitesten Zugänge zu Pestizidwirkstoffen in Europa“, betont der Bericht.
Laut der EU-Datenbank für Pestizide ist Frankreich das EU-Mitglied mit der zweithöchsten Anzahl von Wirkstoffen (296), knapp hinter Italien (301), und vor Spanien (293).
In Bezug auf die in der Verordnung von 2009 vorgesehene Möglichkeit, Ausnahmen für verbotene Pestizide zu gewähren, hat Frankreich in den letzten 12 Monaten 72 Ausnahmen erhalten, „weit vor Deutschland (61) und Österreich (41)“.
Wettbewerbsfragen
Allerdings sind die französischen Vorschriften für einige Pestizide strenger als die EU-Standards. So ist Acetamiprid, das in der EU zugelassen und von deutschen Rübenbauern genutzt wird, in Frankreich verboten. Französische Landwirte sehen hierin einen Wettbewerbsnachteil.
Ähnliches gilt für Sulfoxaflor und Flupyradifuron, die in Frankreich verboten sind, aber in Europa unter strengen Auflagen eingesetzt werden dürfen.
Seit mehreren Jahren setzen sich die französischen Bauernverbände für die Wiederzulassung bestimmter Pestizide auf den Feldern ein. Dies ist Gegenstand eines Gesetzes zur „Beseitigung von Beschränkungen in der Landwirtschaft“, das am 20. November im Parlament eingebracht wurde.
Das Gesetz zielt auch darauf ab, die Befugnisse der nationalen Agentur für Lebensmittel-, Umwelt- und Arbeitsschutz (ANSES) einzuschränken, die für die Marktzulassung von Pestiziden zuständig ist.
Die Abgeordneten schlagen vor, dem Landwirtschaftsminister das Recht zu geben, die Entscheidungen der Agentur für Lebensmittelsicherheit auszusetzen, wenn diese zu große wirtschaftliche Auswirkungen auf einen Sektor haben.
„Wir werden diese Debatte im Parlament führen und sehen, wie sich jeder zu diesen Übertranspositionen positioniert, die unsere Erzeuger stark benachteiligen“, sagte die Landwirtschaftsministerin Annie Genevard am 19. November in der Nationalversammlung.