Eine Koalition tschechischer Umweltorganisationen hat bei der EU-Kommission Beschwerde eingereicht. Sie wirft den tschechischen Behörden vor, die EU-Umweltgesetzgebung im Fall des Kohlekraftwerk Počerady nicht durchzusetzen – und will verhindern, dass ein Präzedenzfall geschaffen wird.
Prag – Das Kraftwerk, der größte Emittent von giftigem Quecksilber im Land, läuft seit August ohne Grenzwerte für Quecksilberemissionen. Dies geschah nach einem Gerichtsurteil, das die vorherige Ausnahmegenehmigung aufgrund von Nichteinhaltung der EU-Vorschriften aufgehoben hat.
Das Gericht entschied, dass die Ausnahmegenehmigung rechtswidrig war, da sie die Umwelt erheblich gefährden könnte. Der Kraftwerkbetreiber war seiner gesetzlichen Verpflichtungen eine Ausnahmegenehmigung einzuholen nicht nachgekommen.
Nach dem Urteil ordneten die tschechischen Behörden aber nicht an, dass das Kraftwerk die korrekten Emissionsgrenzen einhalten müsse. Umweltgruppen – Frank Bold, Greenpeace und Hnutí Duha – argumentieren, dass dies ein Verstoß gegen die EU-Richtlinie über Industrieemissionen ist.
Die zuständige Regionalbehörde für die Festlegung von Emissionsgrenzwerten teilte der Tschechischen Nachrichtenagentur mit, dass derzeit ein Verfahren zu diesem Thema laufe und auf Beweise des Kraftwerksbetreibers gewartet werde.
Kraftwerksbetreiber Sev.en Energy verteidigte sein Vorgehen mit dem Hinweis auf die Komplexität, die die Reduzierung von Quecksilberemissionen mit sich bringt. „Das Kraftwerk Počerady erfüllt derzeit 23 von 24 strengen EU-Emissionsgrenzwerten. Die komplexeste und zeitaufwändigste Aufgabe bleibt jedoch die Reduzierung der Quecksilberemissionen“, erklärte Eva Maříková, Sprecherin der Sev.en-Gruppe, gegenüber Euractiv Czechia.
„Es geht nicht nur darum, durch angewandte Forschung die richtige Technologie auszuwählen und zu installieren, sondern auch darum, sie ordnungsgemäß zu testen und fein abzustimmen. Aus diesen Gründen haben die meisten Betreiber, einschließlich uns, eine Ausnahmegenehmigung für Emissionen beantragt“, fügte sie hinzu.
Tschechische NGOs warnten, dass der Fall des Kraftwerks Počerady einen „gefährlichen Präzedenzfall“ schaffen könnte. Betreiber könnten den Ansatz der tschechischen Behörden ausnutzen und eine Ausnahmegenehmigung beantragen, in dem Wissen, dass sie während der Wartezeit die Grenzwerte nicht einhalten müssten.