Verarbeitete Fischereiprodukte, wie Fischkonserven, sollten der gleichen Kennzeichnungspflicht unterliegen wie frischer Fisch, fordern die europäische NGOs und Fischereiorganisationen. Damit soll illegale Fischerei zu bekämpft und ein fairer Wettbewerb gewährleisten werden.
Eine Studie, die am Freitag (19. September) von der NGO Oceana veröffentlicht wurde, zeigt, dass 40 Prozent der verarbeiteten Meeresfrüchte in Frankreich, Spanien und Belgien – drei der größten Verbraucher von Meeresfrüchten in der EU – wichtige Informationen wie Fischart, Herkunft und verwendetes Fanggerät fehlen.
„Ein Dosenprodukt kann einfach mit der Aufschrift ‚Thunfisch‘ versehen sein, was sich auf eine der 14 Thunfischarten beziehen kann, einschließlich überfischter Bestände“, erklärte Vanya Vulperhorst, Leiterin der Oceana-Kampagne gegen illegale Fischerei und für Transparenz in Europa.
Gemäß Artikel 35 der Verordnung der EU über die gemeinsame Marktorganisation (GMO) für Fischerei- und Aquakulturerzeugnisse müssen die Verbraucher mit den wichtigsten Informationen versorgt werden. Diese Regel gilt derzeit lediglich nur für frische, gefrorene oder geräucherte Fischprodukte, jedoch nicht für verarbeitete oder in Dosen abgefüllte Produkte.
Oceana fordert die Europäische Kommission auf, diese Produkte in eine Überarbeitung der Vorschriften einzubeziehen.
Fischer teilen diese Ansicht. Vertreter der Fischereiorganisation Europêche hoffen, dass die neue Kommission „die notwendigen Gesetzesänderungen zur Kennzeichnung einführt, um mehr Transparenz zu fördern, nachhaltige Praktiken zu unterstützen und einen fairen Wettbewerb auf dem EU-Markt zu unterstützen“, erklärten sie gegenüber Euractiv.
Wettbewerb und illegale Fischerei
Für Europêche ist „ein gemeinsames Kennzeichnungssystem von entscheidender Bedeutung, da diese Produkte größtenteils aus Drittländern stammen und 70 Prozent der in der EU konsumierten Meeresfrüchte von dort kommen“. Dies liegt daran, dass Billigimporte ohne Kennzeichnungspflicht „der Fischereiindustrie schaden und den Wettbewerb verzerren können“.
Oceana warnt ebenfalls davor, dass die derzeitigen Vorschriften nicht ausreichen, um Verbraucher in die Lage zu versetzen, fundierte, nachhaltige Entscheidungen zu treffen, ohne illegale Fischereipraktiken zu fördern.
Die Verordnung gegen illegale, nicht gemeldete und unregulierte (IUU) Fischerei verpflichtet die Flaggenstaaten eines Handelsschiffes dazu, die Herkunft und Legalität der Fänge zu bescheinigen. Dennoch gelten diese Anforderungen jedoch nicht für verarbeitete Produkte.
Ein Bericht aus dem Jahr 2022, der vom EU-Fischereiausschuss in Auftrag gegeben wurde, ergab, dass die Hälfte der Schiffe, die zwischen 1980 und 2019 illegale Fischerei betrieben, aus China stammten.
Oceana fand ebenfalls heraus, dass „die Mehrheit der Fischarten, die zur Herstellung von Fischstäbchen verwendet werden, einem in der EU-weit verbreiteten Produkt, von russischen Schiffen gefangen wird“. Russland rangiert weltweit auf Platz zwei der schlechtesten Länder bei der Bekämpfung der illegalen Fischerei, wie aus dem IUU-Fischerei-Index hervorgeht.
Laut der Rechercheplattform Follow the Money „erwirtschafteten europäische Fischverarbeiter, die stark von Kabeljau und Seehecht aus Russland abhängig sind, im Jahr 2022 einen Umsatz von 31 Milliarden Euro“.
In der Kantine
Die NGO Oceana fordert ebenfalls mehr Transparenz in der Gastronomie, wo die aktuellen Kennzeichnungsvorschriften nur die Angabe von Allergenen vorschreiben.
„Großküchen, Hotels und Restaurants sollten verpflichtet werden, ihren Kunden Informationen über Art, Herkunft, Fanggerät und Produktionsmethode zur Verfügung zu stellen.“
Die Bewertung der Verordnung über die gemeinsame Marktorganisation durch die Kommission im Jahr 2023 hat die Notwendigkeit für die Interessengruppen bekräftigt, die Verbraucher über verarbeitete Fischerei- und Aquakulturerzeugnisse zu informieren.
Dieser Vorstoß wurde 2024 erneut bestätigt, als das EU-Parlament eine Entschließung verabschiedete, in der eine Kennzeichnung aller Fischerei- und Aquakulturerzeugnisse gefordert wurde.
Gemäß der aktualisierten Fischereikontrollverordnung sind ab 2029 die digitale Rückverfolgbarkeit und eine verpflichtende Kennzeichnung in der gesamten Produktionskette erforderlich.