In der nächsten Woche wird eine endgültige Entscheidung zur Reduzierung des Wolfschutzes erwartet. NGOs und Wissenschaftler haben in einem offenen Brief vor einem solchen Schritt gewarnt.
Zwischen dem 2. und 6. Dezember wird der Ständige Ausschuss des Berner Übereinkommens auf seiner 44. Sitzung entscheiden, ob der Schutzstatus von Wölfen von „streng geschützt“ auf „geschützt“ herabgestuft werden soll.
Dieser Schritt folgt auf einen Beschluss der EU-Staaten vom 25. September, die die Reduzierung des Schutzstatus auf der Grundlage eines Vorschlags der EU-Kommission befürworteten.
„Der Vorschlag […] wird weithin als rechtswidrig angesehen, da er wissenschaftlich nicht fundiert ist und gegen die Grundsätze der demokratischen Beteiligung und der Rechtsstaatlichkeit in der Politikgestaltung verstößt“, heißt es in einem offenen Brief, der am Dienstag (26. November) von Green Impact und anderen NGOs an den Sekretär des Ausschusses und den Generalsekretär des Europarats verschickt wurde.
Weiter heißt es, dass der EU-Vorschlag „die grundlegende zwingende Anforderung nicht erfüllt […], wissenschaftliche Beweise vorzulegen, die von der internationalen wissenschaftlichen Gemeinschaft anerkannt und akzeptiert werden könnten“. Sie argumentieren, dass der Vorschlag, den Schutzstatus herabzustufen, sowohl gegen EU-Recht als auch gegen die Berner Konvention verstößt.
Die Berner Konvention ist ein internationales Abkommen zur Erhaltung der europäischen Wildtiere und natürlichen Lebensräume, dem die EU und 49 andere, hauptsächlich europäische Länder angehören.
Wissenschaftler warnen
„Die internationale Wissenschaftsgemeinschaft setzt sich gegen die Herabstufung ein und weist auf den Mangel an wissenschaftlichen Belegen für den EU-Vorschlag hin“, sagte Gaia Angelini, Präsidentin der NGO Green Impact, in einer begleitenden Pressemitteilung.
Eine Expertengruppe hat derzeit zwei Briefe in Umlauf gebracht, die an den Generalsekretär der Berner Konvention adressiert sind und bereits 650 Unterschriften gesammelt haben.
Die Initiative für große Karnivoren in Europa (Large Carnivore Initiative for Europe; LCIE), hat sich ebenfalls gegen den Vorschlag ausgesprochen. Die Arbeitsgruppe der NGO Internationale Union zur Bewahrung der Natur, wird regelmäßig von der Berner Konvention und der EU-Kommission konsultiert.
2022 konnte durch die Sperrminorität der EU im Jahr 2022 konnte ein ähnlicher Vorschlag nicht angenommen wurde, erklärt die Initiative (LCIE).
„Ein Vorschlag der Schweiz aus dem Jahr 2022, den Wolf herunterzustufen, wurde vom Ständigen Ausschuss nicht angenommen, unter anderem aufgrund eines Berichts über den Erhaltungszustand der europäischen Wolfspopulationen, der vom LCIE erstellt wurde“, hieß es.
„Es ist daher besorgniserregend, dass derselbe LCIE-Bericht von 2022 nun im EU-Vorschlag als Argument für eine Herunterstufung angeführt wird“, heißt es weiter.
NGOs haben argumentiert, dass diese Entscheidung eher von politischen Motiven als von wissenschaftlichen Erkenntnissen geleitet wird – eine Behauptung, die auch von der Initative aufgestellt wurde.
Bürgerbeauftragte untersucht
Am 28. Oktober leitete die Europäische Bürgerbeauftragte Emilly O’Reilly nach einer Beschwerde der NGO Client Earth eine Untersuchung des Vorschlags der EU-Kommission ein, den Schutzstatus des Wolfes herabzustufen.
O’Reilly forderte die Kommission auf, „zu klären, auf welche wissenschaftlichen Erkenntnisse sie ihre Aussage über die von der Wolfspopulation ausgehende Gefahr stützt“. Sie wies darauf hin, dass die Kommission bei der gezielten Datenerhebung von den Leitlinien für eine bessere Rechtsetzung zur Konsultation der Interessengruppen abgewichen sei, und bat um eine Begründung.
„Der Ombudsmann äußerte auch Bedenken hinsichtlich des Transparenzniveaus und des demokratischen Charakters des Prozesses selbst, worauf wir ebenfalls hingewiesen hatten. Wir bezweifeln stark, dass er den Kernprinzipien der EU-Gesetzgebung entspricht“, erklärte die ClientEarth-Anwältin Ilze Tralmaka gegenüber Euractiv in schriftlichen Kommentaren.
Da die Kommission bis zum 24. Januar 2025 Zeit hat, um diese anfänglichen Fragen zu beantworten, ist es unwahrscheinlich, dass die Untersuchung die anstehende Abstimmung Anfang Dezember beeinflussen wird.
Zur Annahme des Vorschlags braucht es eine Zweidrittelmehrheit im Ständigen Ausschuss.
NGOs sind besorgt, dass der Vorschlag angenommen werden könnte, da „die EU über ein unverhältnismäßig großes Stimmrecht (27 Stimmen) bei der Berner Konvention verfügt“, wie in dem Brief an die Staats- und Regierungschefs betont wird.